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15.8.2014: Zukünftig mehr Klarheit bei Erbfällen im europäischen Ausland

EMSLAND/OSTFRIESLAND. Die Welt scheint immer kleiner und überschaubarer zu werden. Ruheständler aus dem Rheinland verbringen ihren Lebensabend an der Nordsee. Emsländer und Ostfriesen suchen dagegen nach dem Arbeitsleben ihr Glück im Ausland. Beliebt sind insbesondere Spanien, Frankreich und Portugal. Viele Auswanderer haben am Ende ihres Lebens auch in ihrer neuen Heimat Vermögen.

Im Fall ihres Todes standen die Erben bislang vor schwierigen Fragen. Denn wie wickelt man eine Erbschaft im Ausland ab? Welches Erbrecht kommt überhaupt zur Anwendung? Das heimische oder das ausländische? Bislang war die Rechtslage kompliziert.

Es herrschte in vielen grenzüberschreitenden Erbfällen Uneinigkeit, nach welchem Recht sich die Erbfolge richtete. So sieht zwar das deutsche Recht vor, dass für alle deutschen Staatsangehörigen die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zum Erbrecht gelten. Wer Erbe wird, welche Pflichtteilsansprüche entstehen und wie der Nachlass im Einzelnen auf die Erben oder Vermächtnisnehmer übergeht, bestimmt sich damit nach deutschen Vorschriften. Doch hatte der Verstorbene Vermögen im Ausland oder wohnte gar selbst jenseits der Grenze, kann sich aus Sicht der ausländischen Gerichte und Behörden zusätzlich oder gar ausschließend die Geltung ausländischen Erbrechts ergeben.

Ein Beispiel: ein Deutscher stirbt in Frankreich. Nach deutschem Recht gilt deutsches Erbrecht. Die Franzosen knüpfen dagegen bei der Vererbung von Immobilien daran an, in welchem Land diese liegen. Stirbt also ein deutscher Bürger mit Haus in Frankreich wird dieses bislang nach französischem Recht vererbt. Die Eigentumswohnung in Deutschland unterliegt dagegen dem deutschen Erbrecht. Kompliziert. Für den Laien fast undurchschaubar.

„Durch die unterschiedliche Anknüpfung an Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Belegenheitsort des Vermögens konnte es bislang zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.“, beschreibt die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann die Rechtslage. „Das machte es für die Erben zum Teil extrem schwer.“

So gesehen, wird es nun einfacher. Denn am 17. August tritt eine Neuregelung der EU in Kraft. Danach wird künftig allein der letzte Wohnsitz des Erblassers darüber entscheiden, welches Recht zur Anwendung gelangt. „Das bedeutet aber auch. Verbringt ein Emsländer oder Ostfriese seinen Lebensabend auf Mallorca, gilt bei seinem Tod zukünftig spanisches Erbrecht. Damit rechnet nicht jeder.“, warnt Connemann. Sie weist darauf hin, dass aber auch die Möglichkeit besteht, die Anwendung deutschen Erbrechts ausdrücklich zu wählen. „Eine solche Rechtswahl ist künftig im Testament möglich.“ Die Christdemokratin empfiehlt deshalb: „Jeder Betroffene sollte sich deshalb bereits frühzeitig beraten lassen und entscheiden, welches Erbrecht ihm mehr Vorteile bietet. “Wer sein Testament bereits gemacht hat, muss sich jedoch nicht sorgen, dass dieses nun unwirksam wird. Gültige Testamente bleiben weiterhin formwirksam.

Nach den neuen Regeln wird es außerdem zukünftig ein Europäisches Nachlasszeugnis geben, das in der gesamten EU gilt. Damit können Erben und Nachlassverwalter überall in der EU ohne weitere Formalitäten ihre Rechtsstellung nachweisen. Bisher mussten teilweise in allen Ländern, in denen der Erblasser Vermögen hinterlassen hatte, Erbescheine beantragt werden. Dies entfällt zukünftig. Das bedeutet schnellere und kostengünstigere Verfahren. Von der Neuregelung werden jährlich rund 450.000 Familien profitieren.