Skip to main content

„0,0 muss in der Schwangerschaft das Motto sein“

JHERINGSFEHN, 1.4.2016

Allein die Zahlen sind alarmierend. In jedem Jahr werden in Deutschland rund 3.000 Kinder mit dem Fetal Alcohol Spectrum Disorder kurz FASD geboren. Die Zahl der Kinder, die derzeit in Deutschland mit Suchtbelastungen aufwachsen, wird auf 2,6 Millionen geschätzt. Dabei zieht sich der Alkoholmissbrauch in den Schwangerschaft quer durch alle Bevölkerungsschichten. Die Kinder leiden unter extremen Verhaltensauffälligkeiten. Auch angeborene Fehlbildungen, geistige Behinderungen, hirnorganische Beeinträchtigungen und Entwicklungsstörungen sind Folgen des Fehlverhaltens der Mütter. „Diese Symptome sind nicht gottgewollt. Sie sind von Menschen gemacht. Das ist eine riesige Ungerechtigkeit“, stellte Connemann im Rahmen eines Treffens mit der Selbsthilfegruppe EFASKO fest, zu dem die Abgeordnete auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler eingeladen hatte.

Speziell diese Wertschätzung war Balsam für die Seelen der Mitglieder der Gruppe, die sich erst im Januar dieses Jahres gegründet hatte. „Wir sind sehr stolz. Das ist ein Einstand nach Maß. Der Besuch von zwei so renommierten Gesundheitspolitikerinnen nach so kurzer Zeit zeigt, dass wir mit unserer Initiative das Richtige getan haben“, so Peter Uelwer, Gründer der Selbsthilfegruppe. Die Mitglieder sind Pflegeeltern, die in ihren Familien Kinder mit dem FASD-Syndrom aufgenommen haben. Eine große Herausforderung für den gesamten Haushalt. Bei den Treffen der EFASKO-Gruppe haben sie die Chance sich auszutauschen und über ihre Erfahrungen und Sorgen zu sprechen.

Marlene Mortler nahm die Wünsche der Gruppe sehr ernst. Gut verstehen konnte sie den Wunsch nach mehr Anerkennung der FAS-Eltern, die oft aus Unwissenheit nicht ernst genommen werden. Darunter leiden dann sie selbst aber auch die Kinder. Wie zum Beispiel in der Schule, wo es für die FAS-Kinder nahezu einer Folter gleichkommt, wenn sie 90 Minuten in der Klasse sitzen müssen. Ihre Aufmerksamkeitsspanne umfasst häufig lediglich eine knappe halbe Stunde. Neben der gesellschaftlichen Anerkennung hoffen die Betroffenen auch auf eine finanzielle Verbesserung ihrer Situation. So könnten die Eltern für entstandene Schäden, den Mehrauswand und vor allem für die soziale Ausgrenzung entschädigt werden. „Freunde, Familie nicht jeder kann mit der Herausforderung FAS-Kind umgehen. Viele verstehen es auch nicht, dass so ein Kind aufgenommen wird. Die Menschen entfernen sich von einem. Das ist bitter“, schildert Uelwer seine Erfahrungen.

Bei einer anderen Forderung empfingen die EFASKO-Mitglieder Unterstützung von den Vorstandsmitgliedern des Bundesverbandes FASD Deutschland e.V.. Denn auch die Vorsitzende Gisela Michalowski und Beisitzerin Alison Frieling hatten sich auf den Weg nach Jheringsfehn gemacht, um bei diesem Gespräch dabei zu sein. Auch sie fordern mehr Aufklärung. Kinderärzte, Sozialeinrichtungen und deren Mitarbeiter, Schulen, Hebammen – alle müssten besser über dieses Thema informiert sein. Allen voran müssten jedoch die werdenden Mütter und generell jungen Frauen besser aufgeklärt werden. „Die Gefahren müssen benannt werden. In der Schwangerschaft muss 0,0 Promille das Motto sein“, stellte Mortler klar. Dies sei besonders wichtig, da noch nicht wissenschaftlich belegt ist, in welcher Phase der Schwangerschaft der Fötus geschädigt wird. Dies brachten die Mitglieder auch noch einmal bei einem Runden Tisch zum Thema „Nein zu Alkohol in Schwangerschaft und Stillzeit“ in Papenburg an.